Eines der Dinge, die die Teilnahme am Doglive Multitalent mit sich bringt, ist der Fakt, dass man von vielen Leuten wahrgenommen wird.
Viele Augen sehen euch und eure gemeinsame Arbeit, viele Ohren hören die Musik zu der ihr performt, viele Köpfe bewerten euch nach verschiedenen Ermessen, wobei die Ergebnisse nicht selten sehr emotional ausfallen.
Dabei kann es euch passieren, dass diese, denen es gefällt, was sie dort sehen, sich eventuell sogar zu den mehr oder minder sportlich aktiven (auf jeden Fall aber bemühten) Hundehaltern zählen, sich eventuell (und im besten Fall) für eure Arbeit interessieren, oder, mal ganz hochgegriffen, sich gar von euch inspiriert fühlen.
Es kann sogar sein, dass es mehrere dieser Menschen gibt, diese eine Gruppe, quasi ein Teilzeitinteressenrudel bilden und gewillt sind zu einem bestimmten Ort zu reisen, um von dir und euch zu lernen.
Diese Vorkommnisse sind in der Hundewelt und darüber hinaus als „Seminare“ bekannt.
Ich bin in den letzten Jahren in den Genuss gekommen einige dieser Zusammenkünfte leiten zu dürfen, wobei sich vor kurzem etwas ereignete, was mich zum Nachdenken brachte.
In der Regel geht so ein Seminar über zwei Tage, in den allermeisten Fällen von Samstag bis Sonntag – denn es soll ja noch Menschen geben, die einer ehrlichen Arbeit nachgehen;). Ich beginne diese Zusammenkünfte immer mit einer Vorstellungsrunde und beende sie in der Regel mit einer Verabschiedung und einer Feedbackrunde, um den Teilnehmern die Möglichkeit einzuräumen mir gegenüber konstruktive Kritik zu den letzten zwei Tagen zu äußern. Denn schließlich bin auch ich daran interessiert meine Arbeit stetig zu verbessern.
Bei meinem letzten Seminar im Raum Wiesbaden meldete sich bei dieser Feedbackrunde eine Frau, die bis dahin eher durch Zurückhaltung auffiel. Sie meldete sich und sagte:
„Mir hat es sehr gut getan zu sehen, dass deine Hunde keine Roboter sind, dass bei euch auch nicht immer alles zu 100% glatt läuft.“
Nachdem ich mir erklären ließ, dass es schon eine gewisse Erwartungshaltung erzeugt jemandem als „Filmtiertrainer“ vorgestellt zu werden, musste ich zudem gestehen, dass hundetechnisch wirklich nicht alles „vorbildlich“ lief. Wobei das ja auch immer der eigenen Interpretation obliegt.
Meine Schnuffis leisteten einen großartigen Job, aber mal fand zum Beispiel Mumford es einfach viel toller sich vor Glück grunzend durchs hohe Gras zu schieben, als in der Ablage zu warten. Mal suchte Mio lieber am Boden nach verlorengegangenen Leckerlis, als aufmerksam mitzuarbeiten.
Auf jeden Fall taten sie teilweise nicht das, was man von sogenannten „Trainerhunden“ erwarten würde.
Nun ist es natürlich jedem selbst überlassen, wie er solche Situationen für sich wertet und damit umgeht. Dabei gibt es wahrscheinlich ebenso viele „Richtigs“ wie „Falschs“.
Das war mein „Richtig“:
Ich weiß nicht genau woher es kam, und zuerst musste ich darüber auch ein bisschen lachen, denn mein erster Gedanke zu diesem Satz, war – neben einem Gefühl der Verwunderung, denn warum sollte irgendein Mensch außerhalb wirklich ernsthafter Situationen auf diesem Planeten, Lust auf hündische Gehorsamsmaschinen haben?-
„Gut so. Verdammt. Gut. So.“.
Ich ertappte mich in meiner Erinnerung dabei in diesen Momenten nicht etwa peinlich berührt, oder gar beschämt gewesen zu sein, im Gegenteil.
Ich grinste in mich rein.
Ich freute mich einfach über die Lebensfreude meines Bären und stempelte Mios kleine Konzentrationsschwäche souverän unter „Der Hund ist 8 Monate. Punkt.“ ab.
In der darauffolgenden Zeit redete ich viel mit meinen Freunden über dieses spezielle Seminar, diesen speziellen Satz, und mit der Zeit war ich mehr und mehr dazu in der Lage meine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen.
Ich verweichliche meine Hunde nicht. Sie sind gut erzogen, wissen was sie zu tun und was zu lassen haben, und wann es in bestimmten Situationen darauf ankommt - dann geben sie alles.
Sie tun das, weil ich sie lasse wie sind, für sie da bin, wenn sie mich brauchen und sie wissen auch, dass ich nie versuchen werde sie zu verbiegen.
Generell liebe ich Tiere mit starkem Charakter. Ich mag Chaoten, die ihren eigenen Kopf haben, ihre Freiräume einfordern und ohne diese nicht glücklich sind, die kreativ und selbstbewusst sind und ihre eigenen Ideen mit einbringen, die mit Witz und Vertrauen durchs Leben gehen. Um ihnen das in dieser Form zu ermöglichen, muss man vor allem eines: sie so lieben, wie sie sind.
Immer.
Überall.
Kompromisslos.
Von Anfang an.
Nur wer sich angenommen und Zuhause fühlt, kann er selbst sein und – wie man eben so schön sagt- sich entfalten.
Meiner Meinung nach sollte man lernen öfter über sogenannte „Fehler“ zu lachen, das Leben einfach mal nicht so ernst zu nehmen, fünfe gerade sein und auch den Hund einfach mal Hund sein zu lassen, natürlich ohne dabei komplett in der Anarchie zu enden, dafür aber vielleicht bei der Leichtigkeit und sich selbst ankommend. Man muss damit aufhören auf Druck schaffende Erwartungen zu pochen, zurückstecken, wenn man sich einen Border Collie fürs Agility geholt hat, dieser aber eigentlich viel lieber hüten möchte.Im Grunde müssen wir lernen das zurückzugeben, was diese großartigen, felligen Erfindungen des Universums uns tagtäglich vor unsere Herzen klatschen, in dem sie sich zum Beispiel den Allerwertesten abfreuen und unsere Existenz in großer Manier feiern, egal ob wir nur eben mal den Müll rausbringen oder für zwei Minuten auf Toilette waren: bedingungslose Liebe.
Hunde bringen uns auf wunderbare Art und Weise bei unser Ego zu überwinden.
Und das ist verdammt gut so.
“We love the things we love for what they are.” ~ Robert Frost